In meinem Freundeskreis kam in letzter Zeit immer mal wieder die Frage auf, ob man Kaffee nicht auch selbst rösten kann. Es gab sogar schon einen besonders Mutigen, der den Versuch gewagt hat. Aber es gibt auch die Skeptiker, die das Rösten des Kaffees lieber den Röstmeistern überlassen. Um herauszufinden, ob es möglich ist, selbst Kaffee zu rösten und welche Utensilien man zum Rösten zu Hause benötigt, haben wir ein Interview mit Ingo von Roast Rebels geführt.
Hallo Ingo, könntest Du Dich unseren Lesern bitte kurz vorstellen?
Ich bin Geschäftsführer von Roast Rebels, einem Online Shop für Heimröster. Die Plattform haben meine Frau Nina und ich gemeinsam 2016 gegründet, da wir selber Heimröster sind und es kaum Angebote gab, um Kaffee selber zu Hause zu rösten. Inzwischen ist Roast Rebels deutlich gewachsen und wir sind ein führender Shop für das Heimrösten in Europa.
Da wir das Heimrösten lieben und schon seit Jahren unseren Kaffee selber rösten, haben wir ein Sortiment zusammengestellt, hinter welchem wir voll und ganz stehen können und welches wir selber Tag für Tag nutzen. Wir pflegen einen persönlichen Kontakt zu unseren Kunden, bieten Tipps und Wissen und auch die meisten unserer Lieferanten kennen wir persönlich.
Ich bin zudem SCA (Specialty Coffee Association) ausgebildeter Röster und Mitglied der Roasters Guild of Europe.
Man kann also behaupten, dass Du Dich mit dem Rösten von Kaffee auskennst. Könntest Du bitte erklären welche Utensilien ich benötige, wenn ich selbst Kaffee rösten möchte?
Grundsätzlich braucht es nur die rohen, ungerösteten Bohnen. Rösten ist einfach eine Erhitzung ohne Öl und Wasser. Die ersten Versuche machen viele Heimröster zum Beispiel mit einer Pfanne, im Backofen oder auf eine ähnliche Weise.
Will man jedoch einen richtig guten Kaffee rösten, so ist es wichtig, dass die Bohnen gleichmäßig auf allen Seiten, sowie möglichst gleichmäßig innen wie außen geröstet sind. Dafür eignen sich Röstmaschinen für Zuhause, welche speziell dafür ausgelegt sind.
Viel wichtiger als das Equipment aber ist die Freude an Kaffee und das Interesse, sich auf eine vielfältige Welt einzulassen. Denn die Wahl der Bohne sowie die Art und Weise der Röstung haben einen massiven Einfluss auf den Geschmack des Kaffees.
Was kommen denn in etwa für Kosten auf mich zu, wenn ich zu Hause Kaffee rösten möchte? Und mit welchem Aufwand muss ich rechnen?
Eine Röstung dauert etwa 15 Minuten und mit den gängigen Heimröstern kann man jeweils eine Menge von 250 – 300 Gramm rösten.
Die Kaffeeröstmaschinen kosten etwa zwischen 550 und 2.200 Euro. Die ungerösteten Kaffeebohnen kosten deutlich weniger als die gerösteten Bohnen, ungefähr ab 10 Euro pro Kilogramm, wobei das alles Premium Bohnen von höchster Qualität sind.
Kann ich beim Rösten mit solch einem Heimröster etwas falsch machen? Wie talentiert muss ich zum selbst Rösten sein?
Ich höre von meinen Kunden immer wieder, wie überrascht sie sind, dass schon die ersten eigenen Röstungen besser schmecken als alle Kaffees, die sie bislang gekauft haben (was vor allem auch mit der Frische des Kaffees und der Qualität der Bohnen zusammenhängt). Die Kaffeeröster sind so konzipiert, dass das Rösten einfach ist, zudem bieten wir Hilfe und haben für jede Bohne und jeden Röster Anleitungen und Profile auf unserer Website, welche den Einstieg erleichtern.
Gleichzeitig empfehle ich auch allen, dass sie experimentieren und auch einmal „ans Limit gehen“. Das hat natürlich zur Folge, dass es dann auch Röstungen gibt, die einem einmal nicht schmecken. Gleichzeitig ist das die Chance, auch Geschmacksnoten im Kaffee zu erleben, die man vorher vielleicht noch gar nicht gekannt hatte und plötzlich sehr gerne bekommt. So können Kaffees zum Beispiel eine ausgeprägte Süße entwickeln oder sogar fruchtige und blumige Geschmacksnoten.
Wir haben in unserem Blog bereits beschrieben, wie das Rösten von Kaffee an sich funktioniert. Wir sind auch darauf eingegangen, wie entscheidend der Röstvorgang für den Geschmack des fertig gerösteten Kaffees ist. Wie viel Einfluss kann ich beim selbst Rösten auf den Geschmack nehmen? Welche Möglichkeiten habe ich, dem Kaffee meine persönliche Note zu verleihen?
Die Möglichkeiten sind fast grenzenlos. Entscheidend ist einerseits die Wahl der passenden Bohne. Diese kann zum Beispiel nussig, fruchtig, würzig, mit einer ausgeprägten Säure oder komplett säurearm, süß, balanciert, komplex, vollmundig oder mit einem feinen Körper sein. Die Entscheidung kann teilweise etwas überfordern, daher haben wir dazu viele Informationen auf unserer Website zusammengestellt.
Das Zweite ist die Röstung – einerseits der Röstgrad, also wie hell oder dunkel der Kaffee geröstet ist. Andererseits aber auch das genaue Profil der Röstung, welches bestimmte Komponenten und Noten in der Bohne besonders betonen kann. Das Profil wird beeinflusst durch die Energiezufuhr und die Luftzufuhr im Verlauf der Röstung.
Es heißt, das Rösten in der Pfanne oder im Backofen sei auch möglich. Experimentierfreudige Röster haben sogar schon die Brotback- oder Popcornmaschine verwendet. Hast Du das schon mal ausprobiert und was hältst Du von diesen Methoden?
Ich habe viele dieser Methoden ausprobiert und es gibt Methoden, mit denen man einen ordentlichen Kaffee rösten kann, wie zum Beispiel mit der Popcornmaschine. Diese Methoden sind natürlich kostengünstig und eignen sich daher sehr für den Einstieg respektive ein erstes Experimentieren.
Wie oben bereits beschrieben ist die gleichmäßige Röstung der Bohnen auf allen Seiten sowie innen und außen entscheidend für den Geschmack sowie auch die Regelung der Temperatur und Lüftung im Verlauf der Röstung. Daher wechseln die Heimröster nach ein paar Versuchen in der Regel auch zu einer spezifischen Röstmaschine.
Welche Vor- und Nachteile siehst Du persönlich beim Rösten von Kaffee zu Hause?
Den größten Vorteil sehe ich in der Frische des Kaffees. Im Zeitfenster von etwa fünf Tagen bis drei Wochen nach der Röstung ist der Kaffee perfekt. Solch frischer Kaffee ist in den Geschäften schwierig zu finden.
Einen weiteren großen Vorteil sehe ich darin, dass man den Kaffee nach eigenem Geschmack entwickeln kann. Natürlich spart man langfristig auch einiges an Geld, wenn man selber röstet. Wir haben vor ein paar Monaten eine Umfrage gemacht bei Heimröstern und als einen der häufigsten Gründe, selber zu Rösten, nannten sie den Spaß respektive die Freude und das Interesse an Kaffee.
Doch – und hier komme ich zum „Nachteil“ – selber rösten braucht Zeit und Muße. Wer das nicht aufbringen mag, ist mit einem gekauften Kaffee vermutlich besser bedient. Doch wer sich die 15 Minuten Zeit nimmt, den Kaffee selber zu rösten, wird mit einem unvergleichbaren Kaffeegenuss belohnt.