Vom Röster zum Café-Mobil – Ein Interview

Wie ihr wisst, sind wir gerne und viel in Cafés unterwegs. Dabei lernen wir häufig auch die Betreiber der Cafés kennen. So erfahren wir etwas über die Geschichte der Cafés und natürlich auch über den dort erhältlichen Kaffee. So waren wir im Dezember 2018 in Kiel unterwegs und haben anschließend den Kagumo-Ini aus Kenia getestet.

Durch ein Café in Darmstadt sind wir so auch auf die Kaffeerösterei Gaumen Freuden aufmerksam geworden. Der Röster Lutz Neumann röstet aber nicht nur Kaffee, sondern ist auch mit seinem Café-Mobil unterwegs. Wir haben die Gelegenheit genutzt und ein kleines Interview geführt. Beginnen möchte ich mit einer Frage, die ich immer wieder gerne zum Einstieg nutze.

1. Wie trinkst du deinen Kaffee am liebsten?

Mein Lieblings-Kaffeegetränk ist ein Flat White. Hierfür verwende ich sehr gerne eine helle Röstung, zum Beispiel einen Yirgacheffe, Grade 1 mit der Brew Ratio 1:1, langer Bezug. Das gewonnene Konzentrat geht mit der Milch eine wunderbare Verbindung ein.

2. Wie bist du zum Rösten gekommen und was begeistert dich an Kaffee?

Das Thema Kaffee beschäftigt mich nun seit über 15 Jahren. Meine Leidenschaft wuchs mit jedem Kaffee, der mir besser gelang. Und so begann die Suche nach den guten und immer besseren Extraktionen. Auf diesem Wege wurden technische Unterschiede bei den Maschinen unter die Lupe genommen und ausgiebig erprobt. Ebenso wuchsen die Erkenntnisse, wie wichtig eine hochwertige Mühle ist und wie sinnvoll kleine Tools, wie bessere Siebe und sinnvolle Tamper etc. sind.

Das Kaffeerösten habe ich vor knapp 5 Jahren begonnen. Mir wurde über die Jahre klar, dass man in den Bereichen Auswahl von Rohbohne und Rösten noch eine fast unendliche Spielwiese an Aromen entdecken kann, was mich auf den Weg zu eigenen Röstungen gebracht hat.

3. Du bist in der Deutschen Röstergilde. Kannst du unseren Lesern bitte kurz erläutern was es damit auf sich hat?

Der Deutschen Röstergilde (e.V.) können sich Röstereien aus Deutschland anschließen, um sich untereinander über ihre handwerklichen Ansprüche als „Kleinröster“ auszutauschen und weiter zu entwickeln. Es finden regelmäßig Veranstaltungen mit Vorträgen statt. Darüber hinaus gibt es Vorteile, wie zum Beispiel bessere Versandkonditionen durch einen Rahmenvertrag bei einem großen Deutschen Versender. Es gibt eine kleine Aufnahmeprüfung und es wird ein Mitgliedsbeitrag erhoben.

4. Für deine Röstungen verwendest du Trommelröster, was ich persönlich sehr gut finde. Kannst du unseren Lesern verraten, worauf es dir bei deinen Kaffeeröstungen sonst noch ankommt?

RöstraumGenerell zeichnet sich eine Trommelröstung, im Gegensatz zu einer industriellen Röstung, durch das deutlich langsamere Rösten aus. Durch diesen längeren Röstvorgang, der in der Regel zwischen 12 und 20 Minuten andauert, wird zum Beispiel Chlorogensäure abgebaut, wodurch der Röstkaffee magenfreundlicher ist. Die Kunst des Kaffeeröstens besteht generell darin, für das angestrebte Röstergebnis (helle, mittlere, dunkle Röstung) das richtige Röstprofil zu erarbeiten. Jede Rohbohne reagiert etwas anders, wenn sie in der Trommel mit Hitze in Berührung kommt.

Es gibt verschiedene Phasen, die eine Rohbohne auf dem Weg zu ihrem Endergebnis durchläuft. Es kommt darauf an, wie die Hitzeeinwirkung gesteuert wird, die man anhand von Wärmezufuhr und Luftzirkulation regulieren kann. Neben einer linearen „Temperaturkurve“ kann man degressive und auch progressive Verlaufsphasen kreieren, was sich am Ende der Röstung aromatisch auswirkt.

5. Dein Kaffee hat besonders kreative Namen. Kannst du uns diese Namen nennen und uns verraten, was in etwa dahinter steckt?

Generell benenne ich meinen Röstkaffee nach der verwendeten Rohbohne und dem Herkunftsland sowie dem Röstgrad. Bei drei meiner Röstungen/Blends habe ich einen Kunstnamen gewählt, um mir diese Röstungen zu schützen (Muntermacher, Koffeinschub und Vier Jahreszeiten). Nicht jeder Sternekoch würde die Rezepte seiner besten Gerichte öffentlich machen wollen. So ist es auch bei einigen Kleinröstern zu beobachten, dass sie entweder ausschließlich oder teilweise eigene Benennungen für ihre Röstungen verwenden, was in meinen Augen auch verständlich ist bei der wachsenden Konkurrenz.

6. Du hast mir erzählt, dass du deinen Kaffee nicht online verkaufst. Stattdessen empfängst du Interessenten gerne in deiner Rösterei. Warum bevorzugst du diesen Kontakt zu deinen Kunden?

Ich bin mit meinem Café Mobil regelmäßig unterwegs und Messen dauern gerne mal 5-12 Tage an. Da ist es schwierig den Bedürfnissen heutiger Kunden gerecht zu werden, die in einem Webshop bestellen und per Paypal bezahlen. Ab dem Bezahlvorgang läuft die Uhr gnadenlos und ich würde regelmäßig in Teufelsküche kommen und entsprechend viel Kritik ernten, wenn meine Lieferung nicht innerhalb von 2-4 Tagen beim Kunden eintrifft. Diesen Stress mache ich mir nicht, was für meine Kundenkontakte auch Vorteile bringt.

Sofern sich bei mir ein Interessent meldet (Röstraum, Homepage, Telefon, Whatsapp, Mail, Instagram, Facebook) beginne ich quasi mit der Befundaufnahme beim Kunden. Welche Extraktionstechnik (Brühkaffee, Vollautomat, Siebträger, etc.) wird verwendet und wie soll der Kaffee tendenziell schmecken? Mit diesen Informationen kann ich dem Kunden sicherlich zwei bis drei Röstungen empfehlen, die ihm gefallen sollten. Nach dieser ersten Testphase sprechen wir wieder über die Eindrücke zu den Röstungen und können bei Bedarf die Richtung anpassen oder die passende Bohne nachliefern.

3 gruppige HandhebelmaschineBei diesen Gesprächen gehe ich auch auf mögliche Optimierungen der angewendeten Extraktionstechnik ein. Über diese Erstkontakte entsteht eine positive Kundenbindung, die auf Langfristigkeit aufgebaut ist und mehr Zeit und Energie in der Erstsituation verlangt als ein passiver Webshopkontakt. Mir macht diese Art der Kundenarbeit viel Spass, da viele Kunden zu sehr dankbaren Kunden werden, die teilweise auch in andere Beratungen einsteigen, wenn es um Optimierungen der Kaffeezubereitung geht (oftmals Beratungen zum Thema Siebträger).

7. Wer es nicht bis zu deiner Rösterei schafft, aber in Darmstadt oder Umgebung wohnt, der kann deinen Kaffee trotzdem probieren. Wo ist das möglich?

Natürlich kann jeder Interessent bei mir Kaffee bestellen und er bekommt ihn in der Regel auch zügig geschickt. Mit diesem „Testkaffee“ kann er seine Eindrücke gewinnen und wie zuvor beschrieben sich mit mir auf die Entdeckungsreise der Genüsse begeben.

Sofern es um eine erste direkte Kostprobe meiner Röstungen gehen soll, so gibt es in Darmstadt das Zerottana in der Elisabethenstraße 21. Pasquale hat sich nicht nur auf meine Röstungen eingelassen (Espresso, Kaffee, Decaf), er ist auch meiner Empfehlung für eine 3 gruppige Handhebelmaschine gefolgt, die ich ihm liefern und installieren durfte. Pasquale bedient die Maschine sehr gekonnt und holt aus meinen Röstungen sehr schöne Ergebnisse heraus. Eine Empfehlung die ich an dieser Stelle sehr gerne ausspreche.

8. Wer dir auf Instagram folgt, hat bereits dein Café-Mobil entdeckt. Was hat es damit auf sich und wo kann man dich damit als nächstes antreffen?

Mein Café-Mobil, ein umgebauter Westfalia Wohnwagen von 1956, ist mein zweites Standbein, neben der Rösterei. Mit dem Wohnwagen arbeite ich auf Hochzeiten, Weinfesten, verschiedenen Veranstaltungen und auf Messen. Mit dem Wohnwagen mache ich notwendige Umsätze und Werbung für meine Röstungen sowie meine anderen Dienstleistungen (Seminare, Beratung und Verkauf von Maschinen, Mühlen, etc.).

Café-Mobil

Wer das Café-Mobil von Lutz selbst mal besuchen möchte, der findet es bei folgenden Messen:

  • 18.01-20.01.: Grill & BBQ Messe in Offenburg
  • 22.02.-24.02.: Grill & BBQ Messe in Sindelfingen
  • 07.03.-10.03.: Retro Classic (Oldtimermesse) in Stuttgart