Vor Kurzem sind wir auf eine Frau aufmerksam geworden, die sich aktuell mit einer Petition für fairen Kaffee einsetzt. Was es mit solchen Zertifizierungen wie Fairtrade auf sich hat, haben wir bereits erläutert.
Doch bei dieser Petition für fairen Kaffee geht es nicht um irgendeinen fairen Kaffee, sondern um den sogenannten Möbel-Giganten. Aktuell haben bereits 27.318 unterschrieben (Stand 10.03.2019) und täglich werden es mehr. Das nächste Ziel sind 35.000 Unterschriften. Doch um herauszufinden, um was genau es bei der Petition geht, haben wir ein Interview mit Melanie Weigel geführt. Sie hat die Petition gestartet und es ist nicht ihre erste Petition.
Hallo Melanie, kannst du uns erklären, worum es bei der Petition genau geht?
Bei der Petition geht es darum, dass ich IKEA dazu auffordere, auf fairgehandelten Kaffee umzusteigen. IKEA ist auf Platz 6 der grössten Gastronomieketten Deutschlands. Das heisst, der Kaffeeverbrauch ist riesig und es gibt immer mehr Menschen, die lediglich zum Essen zu IKEA gehen.
Dort gibt es Kaffee mit der Family Card kostenlos und sonst zum Preis von 1 €, so viel man möchte. Ich denke, Kaffee ist ein Luxusgut, aber mittlerweile zum Ramschartikel degradiert, weil er an jeder Ecke billig zu haben ist. Jedoch steckt hinter der Bohne so eine weite Reise. Außerdem braucht Kaffee viel Wasser im Anbau, um überhaupt zu wachsen, so dass ein höherer Preis allein deswegen durchaus angemessen wäre.
Sicherlich besitzt IKEA das Know-how, um mit den Preisen so zu spielen, dass der Kaffee fair und trotzdem z.B. kostenlos wäre, jedoch sehe ich an dem Siegel und der Kaffeeverpackung, das der Fokus nicht darauf liegt. Am Kaffeeanbau sind weltweit 30 Millionen Menschen beteiligt, die einen fairen Lohn für ihre Arbeit verdienen, der im konventionellen Handel nicht garantiert wird. Kaffeeanbau ist ein hartes Geschäft.
Ich finde, dass nicht nur jeder Bürger einzeln Verantwortung mit seinem Kaufverhalten trägt, sondern auch die großen Konzerne und Firmen, wie auch IKEA mit einem Jahresumsatz von 36,3 Mrd. € (2017) [1]. Natürlich soll durch das Gespräch zu mehr fairen Produkten, exemplarisch am Beispiel Kaffee, auch ein Wandel in der Unternehmenspolitik angestoßen werden und ein öffentlicher Dialog folgen. Ich denke, es ist wichtig, sich immer wieder einzumischen und Gesicht zu zeigen.
Wie bist du auf IKEA gekommen?
Im Zuge eines Umzuges stöberte ich hin und wieder in der Fundgrube bei IKEA. Im gesamten Haus ist mir aufgefallen, dass sie schon 2013 die fair gehandelten Getränke Lemonaid und Charitea eingeführt haben. Außerdem erfolgte die komplette Glühbirnenumstellung auf Halogen, es wurde in Wind- und Solarenergie investiert und es gibt mittlerweile einen Nachhaltigkeitsbeauftragten.
Es muss und darf bei IKEA aber noch mehr passieren. Ich denke, IKEA hat sehr viel Potenzial, gerade auch abgekoppelt vom Möbelmarkt als Gastronomiebetrieb. Ich würde gern in den öffentlichen Dialog mit ihnen treten, um ihre Meinung dazu zu erfahren.
Warum ist dir Fairtrade Kaffee so wichtig bzw. warum sollte IKEA deiner Meinung nach auf fairen Kaffee setzen?
Kaffee ist vor Wasser und Bier das beliebteste Getränk der Deutschen. Und so einen gratis Kaffee mit Family Card nimmt jeder doch mal gerne, oder? IKEA verbraucht sehr viel Kaffee, nur bisher leider konventionell produzierten. Wäre dieser fair, würde der Marktanteil an fairer Rohware steigen, man könnte mit einem guten Gewissen Kaffee schlürfen. IKEA würde die Verantwortung auch tragen, für die sie wirbt, und könnte Vorbild für andere Firmen sein.
Kaffee ist nach Rohöl der am meisten gehandelte Rohstoff auf dem Weltmarkt [2]. Ein Drittel der IKEA-Kunden kommt ausschließlich zum Essen in die Filiale. Viel fairer Kaffee kann viel Gutes auf der Welt bewirken und ein Zeichen setzen. IKEA hätte alle Möglichkeiten das umzusetzen.
IKEA verkauft Kaffee mit dem UTZ-Siegel. Kannst du uns bitte kurz erläutern, warum das nicht reicht?
UTZ ist ein Nachhaltigkeitssiegel und damit schon mal besser als gar keins. Es verfolgt jedoch wenig anspruchsvolle Kriterien im Vergleich zum fairen Handel. Der Schwerpunkt liegt auf ökonomischen und ökologischen Verbesserungen des Anbaus, der Verarbeitung und des Handels und versucht dadurch den Lebensstandard zu verbessern.
Es erfüllt keine Standards des fairen Handels wie beispielsweise Preisgarantie, Mindestpreise oder Prämienzahlung. UTZ beinhaltet kein System zur Vorfinanzierung oder Kreditvergabe. Sinkt der Weltmarktpreis z.B. auf Kakao, so wird auch nur der niedrige Preis von UTZ gezahlt. Das finde ich weder fair noch nachhaltig.
Das ist nicht deine erste Petition. Kannst du uns bitte von deiner letzten Petition berichten?
Im März 2016 startete ich meine erste Petition mit dem Titel „Bieten sie fairen Kaffee bei der Deutschen Bahn an!“. Dazu hatte ich einen Petitionstext an die Bahn formuliert und innerhalb von 3 Monaten schon fast 50.000 Unterschriften gesammelt. Ich wandte mich zunächst an den Kundenservice der Bahn mit der Bitte um ein Gespräch. Dieser leitete mich bis zum Produktmanager der Bahn weiter und das Gespräch fand im Juni 2016 in Frankfurt statt.
Ich schickte dem Unternehmen außerdem im Dezember einen Adventskalender mit 24 Gründen von Unterstützern für fairen Kaffee bei der Bahn zu. Bis zu 70.000 Unterzeichner konnte ich weiterhin gewinnen. Ab dem 01.04.2017 sortierte die Bahn dann fairen Kaffee, fairen Tee und faire Trinkschokolade in ihren Regalen ein.
Gibt es schon Kandidaten für die nächste Petition?
Handlungsbedarf sehe ich sowohl beim Bäcker gegenüber als auch bei einigen Airlines, Mc Donalds oder bei allerhand anderen Firmen. Ob es eine Petition wird oder ein anderer Weg, um in Kontakt mit den Firmen zu treten, werdet ihr dann sehen. Wenn ihr auch wollt, dass etwas passiert, dann fragt doch einfach auch im Laden vor Ort immer wieder nach!
Hier findet ihr die Petition für fairen Kaffee bei IKEA.
Quellen:
[1] ikea.com: OUR FINANCIAL YEAR FY17
[2] Börse: Die meistgehandelten Rohstoffe der Welt