Kaffee in Mexiko – Arianes Kaffeereise – Teil 3

Obwohl Mexiko ein Kaffee produzierendes Land ist, liegt es relativ weit hinten mit dem Kaffeekonsum – etwa 1,5 Kilo pro Jahr konsumiert das Land pro Kopf. 

Im Vergleich: Finnland liegt vorne mit einem jährlichen Konsum von über 12 kg Kaffee pro Kopf. Immer präsent in Mexiko – der Instant Kaffee. In Büros, auf Events, auf den Tischen zuhause. Eine reine Ironie. Wo der Kaffee doch vor der Tür wächst, steht immer die Verpackung multinationaler Marken auf dem Tisch. Wie das kommt? Vielleicht, weil der Großteil des Kaffees exportiert wird. Vielleicht, weil der Blick generell oft nach außen gewandt wird. Vielleicht eine Nebenwirkung, wenn man in einem kolonialisierten Land lebt, welchem vorgehalten wird, dass andere Regionen weiterentwickelter, moderner, reicher sind. 

Der Kaffee jedenfalls macht Mexiko, auch im übertragenen Sinne, sehr reich.

Kaffee aus organischem Anbau in Mexiko

Ariane in MexikoIch besuchte die Sierra Morena in Chiapas, im Süden Mexikos. Wir fuhren eine Stunde von der Kleinstadt Villa Corzo auf die Sierra hinauf, und mit jedem Höhenmeter wurde es etwas kühler im Auto. Das Klima in Villa Corzo war heiß mit hoher Luftfeuchtigkeit. Kaffee bevorzugt höhere Regionen.

Eine Comunidad (Gemeinschaft) von etwa 70 Menschen produziert Kaffee auf 1200 Metern über dem Meeresspiegel. Dabei wird ganz auf künstliche Düngemittel verzichtet. Der Kaffee wächst im Schatten der Bäume. Häufig im Schatten eines Limabaumes, eine Zitrusfrucht, die man sich wie eine Mischung aus einer Zitrone und einer Orange vorstellen kann. 

Jene Düngemittel, die verwendet werden, sind natürlichen Ursprungs. „Ich möchte die beste Qualität für mein Produkt.“, sagt Arturo Aguilar Díaz. Er spricht mit der Stimme eines Menschen, der wirtschaftet. Eines aber unterscheidet ihn – es liegt jede Menge Leidenschaft, Wissen, und Achtung in seinem Produkt. 

Kaffeeproduktion in Mexiko und die Menschen, die dahinter stehen

Kaffeepflanze in MexikoDeutschland importiert Kaffee, auch aus der Region Chiapas. In Deutschland habe ich nichts über den Kaffeeanbau erfahren, hatte bei Kaffeebauern immer das Bild der Packungen mit Kaffee aus fairem Handel im Blick. Indigene Kleidung, Armut, Mitleid, waren die Dinge, an die ich dachte. 

Das änderte sich. Mit der gleichaltrigen Tochter einer Kaffeeproduzentin saßen wir im Schatten, schauten auf Bananenstauden und plauderten. Sie studierte Agrarwissenschaften in der Stadt Villa Corzo. „Mein Studium hat mir geholfen, einige Dinge hier besser zu verstehen und gleich umzusetzen. Plagen zum Beispiel, verstehe ich nun, und kann etwas dagegen tun.“

Sie vermisse die Sierra Morena, wenn sie an der Uni ist, sagt sie. Es gibt nichts vergleichbares wie inmitten der Natur aufzuwachen und nicht neben ihr, sondern so verbunden mit ihr zu leben. Sie begleitet ihre Mutter bei der Kaffeeernte. „Wir werden meist nach Körben bezahlt“, sagt sie, „oder nach Gewicht der Kirschen, die wir gepflückt haben.“

Wir wissen sehr wenig über ihren Alltag, und den Kaffeeanbau selbst. Warum gelangt die Geschichte der Kaffeebauern kaum dorthin, wohin das Produkt gelangt?

Kaffee und Klimawandel

MexikoSeit sechs Jahren schon hat La Rolla, eine Kaffeeplage, die Pflanzen der Comunidad befallen. Früher brach diese Plage auf denselben Höhen nicht aus, der Klimawandel – unser Konsum – hat die Temperaturen verändert, und so konnte sie auch auf den Höhen der Sierra Morena die Kaffeepflanzen befallen und unfruchtbar machen. Erträge bleiben aus, eine Alternative musste her, um zu überleben.

Neben den wenigen Kaffeepflanzen, die überlebt haben und Erträge erzielen konnten, verkauft die Comunidad Palmblätter. Das hört sich leicht an, doch dahinter steckt jede Menge Arbeit. Wir besuchen das Haus, in welchem die Blätter gerupft, sortiert, eingerollt und in Packen von 25 bis 30 kg auf einen Lastwagen geladen werden. An einer Wand ist eine große Tafel angebracht, hinter den Namen sind Striche; die Anwesenheit der Mitarbeitenden. Wir plaudern eine Weile. Sie fragen mich, ob ich nicht singen möchte, ich singe mein Lied, das von der Liebe und dem majestätischen Sonnenuntergang in Mexiko spricht. Es gefällt ihnen.

Dann gehen wir weiter, um uns die Kaffeepflanzen anzuschauen, die von La Rolla befallen sind. Ausgetrocknet sehen sie aus, und eben so, als wären sie nicht mehr zu retten. 

Wann verstehen wir, dass der Klimawandel für einige die Existenz bedeutet? Wann sprechen wir von unserer eigenen Bequemlichkeit als Verbrechen? 

Kreislauf und fairer Handel

Kaffeekirsche MexikoEine einzige Pflanze hat überlebt, sie wurde etwas weiter entfernt von den anderen angepflanzt, als Neubeginn. Díaz sieht es als Zeichen von Gott. „Er hat mir eine Pflanze gelassen“, sagt er. In etwa eineinhalb bis drei Jahren wird man sehen, ob sie Kaffee geben kann. 

„Und ich glaube, wir werden für unsere Arbeit nicht immer fair bezahlt“, sagt er auch, und es bricht mir das Herz, weil er recht hat, und ich der Welt nicht erzählen kann, dass es so ist. Ich kann diesen Anblick der kaputten Pflanzen nicht mit nach Deutschland nehmen, kann nicht zu jedem Café gehen und fragen, ob sie dem Produzierenden auch ebenso viel zahlen, wie dem oder der Barista.

Hier ist die Reise des Kaffees: ein Kreislauf. Hinter jeder Tasse stecken unglaublich viele Hände, und wir sehen nicht alle. Wir sehen die eigenen, die die Tasse halten, und vielleicht die des Baristas, oder der Mitarbeitenden im Café, die die Tasse an den Platz bringen. Aber sehen wir die Hände derer, die ihn pflanzen, ernten, die Schale entfernen, trocknen, rösten, verpacken, liefern… ?

Haben wir ein wenig mehr Respekt vor dieser Pflanze, und der Geschichte, die sie erzählt. Trinken wir den Kaffee bewusster, informieren wir uns, woher er kommt. Ein Barista, und guter Freund, in Mexiko sagte mir: Verlangen wir etwas mehr. Verlangen wir, zu erfahren, woher der Kaffee kommt, den wir da in der Tasse haben. Damit verändern wir schon viel.

Bewusste Entscheidungen – was können wir tun?

Damit ändern wir auch ein Bewusstsein – und Entscheidungen. Mit einer Tasse Kaffee können wir aussuchen, wen wir unterstützen. 

Eine gute Adresse sind Cafés, die in direktem Kontakt mit Kaffeeproduzent*innen  stehen und dementsprechend einen fairen Preis bezahlen. Für viele Comunidades ist der Zugang zu einem Siegel des Fairen Handels nicht ganz leicht. Neben bestimmten Bedingungen, die zu erfüllen sind (Infrastruktur etc.), fällt ebenso anfangs eine hohe Summe für das Erlangen des Siegels an. Für viele ist das nicht umsetzbar. Deshalb – fair gehandelter Kaffee kann auch ohne offiziellem Siegel kommen, am besten ist nachfragen, informieren, und bewusst entscheiden.

Ebenso ist Social Media eine gute Adresse, einige Cooperativas haben dort ihr Profil angelegt und teilen wertvolle Informationen. Es gibt auch einige Baristas in Deutschland und im Ausland, die über den Kaffee berichten und ihr wertvolles Wissen teilen. 

Und letzten Endes – wir haben auch die Wahl, in welche Cafés wir gehen, oder welchen Kaffee wir für den Bürokonsum wählen. (Wenn nicht, dann einmal nachhaken!) Einige multinationale Kaffeeketten präsentieren sich umweltfreundlich und nachhaltig, und beuten entlang der Kaffeekette aus, sowohl die Produzierenden mit geringer Bezahlung, als auch die Endkonsumierenden, welche einen überdurchschnittlich hohen Preis bezahlen müssen. 

Lernen wir, es besser zu tun, und auch alle Entscheidungen, rund um den Kaffee, bewusst und verantwortungsvoll zu treffen. Damit machen wir die Welt definitiv ein Schlückchen besser. 

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